Meine Emma

Heute ist wieder ein Sonntag. Ein Abschiedstag. Manchmal ist ein Sonntag für mich schwer zu ertragen, manchmal ist so einer auch voller Sonne, wie eben ein Sonntag sein sollte, mit der „Sonne im Herzen“, wie meine Mutter zu sagen pflegt. Auf jeden Fall bekommt Emma sonntags von mir ihre drei Kerzchen entzündet und ein Räucherstäbchen.

Die Arbeit ohne sie hat zwei Seiten. Wer solch einen Abschied kennt, weiß, wovon ich hier schreibe. Nein, ich werde sie nicht ersetzen, wie mir viele vorschlagen. Halten die Vorschläger meine immer wieder aufbrechende Trauer nicht aus? Oder meinen sie, ich würde sie nicht aushalten? Ja, ich halte sie manchmal nicht gut aus, besonders an Sonntagen. Ich schreie nach Emma, befehle ihr, wieder zu kommen, sich zu rematerialisieren. Auf gewisse Weisen kommt sie auch, nur nicht in ihrem dichten schwarzen Fell mit der dicken Unterwolle. Mehr mit so einer Anwesenheit, einer Stimmung oder einer kleinen Feder. Oder einem nicht zu beschreibenden Sofa-Gefühl in meinem Herzen.

Ich kann mit der Anwesenheit der Überfall-Trauer auch Anderes zulassen: die Freude verstärkt sich, die Empathie, das Seinlassen und Akzeptieren von Unumgänglichen. So wie Emma gehe ich bei Unangenehmem auf die andere Strassenseite, bildlich gesprochen, nicht in die fremde Energie, die mich gerade nichts angeht. Das habe ich gelernt: ich frage, ist diese Begegnung, dieser Kontakt wichtig für mich, geht mich das was an? Und wenn Emma oder meine Intuition oder einfach mein Bauchgefühl sagt, ne, geht dich nichts an, dann raus aus der Energie. Eben auf die andere Strassenseite. So einfach. So war Emma, einfach, direkt, selbstbewusst. Nicht nur sonntags.

Ade

Meine geliebte und hingebungsvoll treue Begleiterin Emma ist gestorben. Am Palmsonntag, den 28. März. 2021. Am Abend. Kurz vor Zubettgehenszeit. Wir, mein Mann und ich, durften sie begleiten, stützen und betten. Die Trauer kam zuverlässig danach.

Heute ist es vier Tage her. Die Trauer trägt jeden Tag ein anderes Gewand. Manchmal wechselt sie stündlich ihre Garderobe. Heute lässt sie mich in Dunkelgrau gehen. Heute tut es unglaublich weh. Unfassbar, dass das schöne Tier nicht mehr um die Ecke kommt, mich auffordert raus zu gehen, Futter braucht oder einfach nur schauen will, wo ich stecke. Heute erwürgt mich die Trauer. Rückhaltlos. Grob. Stur und mit Mundgeruch. Heute ist meine Trauer so subtil, dass ich im einen Moment nicht weinen kann und im anderen der Schmerz meine Eingeweiden schier zerreisst.

Heute gab es Momente, da war ich erstaunt. Über mich selbst. Wie ein Kleinkind tappte ich in meine neuen freien Zeiten. Traute mich nicht, mich entsprechend zu freuen ob der geweiteten Zeit und den neuen unabhängigen Möglichkeiten. Tappte in mein Büro mit den vielen unerledigten Zetteln auf dem Schreibtisch. In den vergangenen Monaten hatte ich meine Papiere und Ordner nach unten getragen, um sie zu bearbeiten. Unten, das bedeutet Wohnzimmer. Das bedeutet Sofa mit Menschenplatz und Hundeteil. Und vor allem bedeutet es treppenfrei, denn das Treppensteigen ist, war, seit Wochen endgültig vorbei für Emma.

Zaghaft dann an das Erledigen der Dinge gewagt. Und dann das unrunde Klappern ihrer Nägel auf den Fliesen im Eingang vermisst. Ganz plötzlich unerwartet. Meine Augen konnten die Tränen wieder einmal nicht auffangen. Augen sind keine Tränen-Cysternen. Die Augenwinkel sind zu klein, die schaffen das auch nicht.
Ich bin immer noch un-tröstlich.
Wenn Arthur und Stefan nachher wieder kommen, werden wir uns gegenseitig trösten.

Auf der Suche

Mein aktuelles Schreib-Projekt heisst:
Corona-Frühling. (Klar, was sonst?)
Dafür bin ich auf der Suche nach erlebten, erfundenen, erzählten oder auch gehörten:
Geschichten

was haben Sie, was hast Du erlebt, was Sie/du gerne mitteilen möchten? Das darf kurz oder lange sein, phantasiereich oder nüchtern, nicht alles im Leben ist lustig und nicht alles ist tragisch. Ich habe selbst die unterschiedlichsten Erlebnisse ind er Corona-Zeit erfahren. Und da dachte ich, ich weiß viel zu wenig von den anderen. Vieles verlässt die häusliche Stube nicht. Ich denke, schade aber auch. Raus damit an die Luft!

Zur nächsten Suche,
(eingebettet in das Projekt Corona-Frühling),
habe ich die Bitte folgenden Satz zu versollständigen:
„Maske ist/ bedeutet für mich….“
z.B. mein Gesicht nicht zeigen zu müssen
…andere zu schützen
…mich zu schützen
…nicht lächeln zu müssen
…eine Qual
usw.

oder:
„Ich trage eine Maske, weil…
…ich mir die Schminke sparen will
…ich muss
usw.

Ich sammle alles komplett anonym und verpacke die Beiträge in Erzählungen, Kurzgeschichten und Essays.

Wer also Lust und etwas mitzuteilen hat, darf mir auf meine email-Adressen schreiben,
still@wilde-stille.de

Ich bin gespannt, freue mich und höre zu.

Aussage

Lebendig nach Reset

Nach nunmehr fünf Wochen Quarantäne und Rückzug findet sich ein neuer Blickwinkel. Eine neue Selbstverständlichkeit.
Ich bin dankbar für all die Freundlichkeit, die mir entgegengebracht wurde.
Das Leben hat sich verändert.
Corona hat mich verändert.

Die Praxis ist wieder geöffnet.

Corona


Wer setzt wem die Krone auf?
Man muss schon einen starken Hals und ein kräftiges Genick haben, um zu dem ca. sechs Kilogramm schweren Kopf auch noch eine goldene Krone tragen zu können.

Ich trage seit gestern die Corona-Krone. Ich sage ja zu dem Chaos, das damit verbunden ist, ja zur Quarantäne-Situation und ja zu allem, was kommen mag. Das bedeutet für mich Corona: das eigene Denken und Befürchten ab- und aufgeben, die anderen wahrzunehmen, die mit mir im Boot sind, ihre Angst nicht zu verurteilen (ich selbst habe immer noch keine Angst), und mich in Verbundenheit und Demut zu üben.

Ich glaube immer noch nicht an die Macht der Ansteckung. Ich glaube, wie es W.D. Sutherland, unser wunderbarer Osteopathie-Urvater postuliert hat, ich glaube an globale Zusammenhänge. Wann ist ein Organismus bereit, Viren oder Sorgen oder Übersäuerungen aufzunehmen und zu produzieren? Ich gehe in mich und bekomme die Antworten. Und da ich in dieses Leben geboren bin mit all seinen queren und merkwürdigen Herausforderungen, akzeptiere ich die Herangehensweisen der Gesundheitsämter, der Kontrollen und der Einschränkungen. Ich kann mich nicht aus dem System heraus nehmen. Es ist alles voller Sinn und Sinnhaftigkeit und hilft mir dabei, in ein Ganzes zu kommen.

Denn darum geht es meiner Meinung nach: um das Ganze!
Ja, Leute, so könnte man das sagen: jetzt geht´s um´s Ganze!
Was taugt welche Freundschaft? Wie stabil ist die Ehe? Wo lauern die versteckten Lügen und Anklagen? Wo modern Inkonsequenz und Bequemlichkeit? Wo sind Überzeugungen nur übernommen und nicht am eigenen Leib erfahren? Und letzten Endes: wo wächst und gedeiht die eigene Liebesfähigkeit? Wie tragfähig ist mein Mitgefühl?

Natürlich geschehen grauenvolle und dunkle Umtriebe in Wirtschaft und Politik. Natürlich geschehen tatgtäglich Übergriffe durch staatliche Kräfte und Einsätze. Natürlich verdienen sich ein paar sehr, sehr wenige Reiche goldene Klopapierhalter. Und natürlich macht das wütend. Nur: kann ich die Verantwortlichen deshalb umnieten? Kalt machen? Bestrafen?
Ich behaupte, wir leben in einer derart hochenegetischen Situation, dass wir uns über Schuld und Sühne der „Bosse“ gerade keine Gedanken machen müssen. Die werden schon noch für ihr Handeln grade stehen müssen. Kommt alles zurück und an die richtige Adresse.
Und ich bin der Überzeugung, dass in dieser Zeit für jeden und jede bestimmte Aufgaben auftauchen. Nicht jeder muss an derselben Ecke kämpfen. Ich finde es wichtig, Ungereimtheiten und Unkorrektheiten aufzudecken und öffentlich zu machen. Nur muss nicht jeder und jede glaich auf alle Züge aufspringen und lautstark überall mitpöbeln, um endlich einmal gehört zu werden. Das machen die, die das können und zu deren Aufgabe es gehört.

Gefährlich finde ich besonders diejenigen, wie ich sie nenne, pseudo-esoterischen Schwertschwinger, die meinen sie hätten die Wahrheit gebunkert, für sich alleine, und bewertend und drohend durch den Äther streifen und am liebsten öffentlich den von ihnen als Bösewichte entlarvten Verbrechern die Köpfe abschlagen würden. Da kann ich nur sagen: denn sie wissen nicht, was sie tun.
Welche Arroganz!
Und ich sage mir immer: will ich in diese Energie? Ne, sage ich, will ich nicht!

Wir haben Corona alle zusammen produziert. Wir sind die Energie. Wir sind die Lehrer und wir sind die Lernenden. Es gibt kein Gut und Böse. Es gibt keine Schuld.
Es gibt nur noch den Weg in die Selbstverantwortung.
Na, da habe ich auch noch ein paar Schrittchen zu gehen. Ist nicht ganz locker und nicht schmerzfrei. Aber ist Leben.

Und zu guter Letzt danke ich all denen, die mich anrufen, mir auf den verschiedenen Wegen schreiben und mich wissen lassen, dass sie mich mögen, lieben, mir das Beste wünschen, und die mich fragen, wie sie mir helfen können oder mir wirklich phantastisch nette Päckchen schicken. Ich schätze Euer Engagement und erkenne neue Freundschaften und neue, aufrichtige Verbindungen. Ich weiß das alles sehr zu schätzen, Ihr Lieben. Der Rest wird in meinem Leben hinten runter fallen und vergehen. Auch das bringt Corona für mich.

PS: die Praxis ist bis einschließlich 29.April geschlossen. Danach bin ich immun! Ja, ja, ja!!!!!!!!!



Kurz mal schnell Toilettenpapierfasten

Ich habe mir schon seit einigen Wochen, seit der run auf Toilettenpapier so richtig Geschwindigkeit aufnahm, Gedanken gemacht über den rasanten Verbrauch besagten Papiers.
Man könnte nun noch so kurz vor Ostern, sollte alles verkauft, versteigert oder einfach nicht verfügbar sein, Toilettenpapierfasten praktizieren oder man geht über zu einer Stuhlgangoptimierung!

Und wie geht Stuhlgangoptimierung? Meine Gedanken zur Praktik:
der Stuhl sollte geformt, von dunkelbrauner Farbe und vor allem nicht schmierig oder fett sein. Ist er letzteres, dann sind tatsächlich einige halbe Meter des wertvollen Papiers vonnöten, um den Anus endlich, endlich pikobello sauber zu kriegen. (Hände waschen!“)
Einen schönen Stuhl bekommt man, wie kann es anders sein, durch gesunde Ernährung.
Alles, was unten rauskommt, hat oben seinen Beginn.

Tipps:

  1. Leinsamen, Chiasamen, Flohsamenschalenpulver (15 Minuten quellen lassen) in das Essen geben.
  2. Ausreichende Menge an gutem Trinkwasser. Der Bedarf wechselt unter Umständen täglich. Kann mal 1 Liter, mal 4 Liter sein. Nur nicht direkt während des Essens!
  3. Gluten einschränken. In Stresszeiten kann der Darm schonmal abweisend auf Gluten (Weizen, Dinkel, Gerste u.a.) reagieren. Dann ist der Stuhl weicher und man verbraucht mehr Papier. Glutenfreie oder -arme Kost kann den Stuhl sehr schnell wieder auf „normal“ bringen und somit den Papierverbrauch reduzieren.
  4. Bewegung: spazieren (dürfen wir noch), radfahren (dürfen wir noch), joggen (dürfen wir noch), Gymnastik (dürfen wir noch), atmen (dürfen wir auch noch), das alles kann und soll den Darm in Bewegung halten oder bringen. Er dankt es uns durch sauberen Stuhl.
  5. Psychohygiene: Sorgen, Stress oder ausgeprägtes Denken über das Morgen oder „WAS-WENN?“ können die Fähigkeit des Darms reduzieren. Er will sich dann genausowenig um das JETZT kümmern wie unser Geist. Er verschiebt das Hier und Jetzt auf später. Und bringt Chaos ins Gedärm (mal Verstopfung, mal Weichkot, mal Durchfall). Will man alles nicht haben. Bringt außerdem die Papierrartionierung durcheinander.
  6. Fleichproteine: kann man, braucht man aber nicht so viele. Mäßiger und gesunder Fleischkonsum aus kontrollierter Freilandhaltung kommt dem Darm gut.
  7. Kauen, kauen, kauen! Gut gekaut ist halb verdaut. Klingt nicht sehr appetitlich, ist aber appetitlicher als die großen Brocken, die der Zwölffingerdarm oftmals in den Schlund gedrückt bekommt und dann sehen kann, wie er damit zurecht kommt. Gerne packt er das Ganze zur leichteren Weiterverarbeitung dann in einen Fettmantel ein.

Das sind meine praktischen Ideen.
Alles Gute
Angelika

PS: ein gesunder Stuhl stinkt nicht, er riecht höchstens oder duftet ein bisschen würzig. Aber sonst…